Kritik
Beruhend auf dem gleichnamigen Roman von Alistair MacLean (lieferte u.a. auch die literarische Vorlage für Agenten sterben einsam) inszenierte der gebürtiger Berliner Michael Tuchner (Puppenmord) diesen britischen Thriller, bei dem sich relativ offensichtlich an großen Vorbildern orientiert wurde und dies in Teilen sogar verdammt gut. Darüber hinaus stellt es das Spielfilmdebut des späteren Oscar-Preisträgers Ben Kingsley (Gandhi) dar, der hier einen bereits sehr charismatischen Auftritt als skrupelloser Killer hinlegte und sich somit für größere Aufgaben nachhaltig empfahl. Heutzutage ist Angst ist der Schlüssel stark in Vergessenheit geraten, was er so definitiv nicht verdient hat, obwohl sich leider feststellen lässt, dass hier tatsächlich noch wesentlich mehr möglich gewesen wäre.
Der Auftakt des Films ist schon mal bockstark. Kurz und knapp erfahren wir, dass John Talbot (Barry Newman, Top Secret) den Verlust von Frau, Bruder und Sohn zu verkraften hat, nachdem das mit ihnen besetzte Frachtflugzeug seiner eigenen Firma von Terroristen abgeschossen wurde. Seitdem ist Talbot ein versoffenes, in tiefer Trauer verfallenes und nihilistisches Wrack. Als er bei einer Sauftour in einem Kaff in Louisiana zwei Cops vermöbelt, landet er vor Gericht. Dort stellt sich heraus, dass er u.a. wegen Mordes bereits anderweitig gesucht wird, doch zu einem Urteil kommt es nicht. Denn John nutzt die Gunst der Stunde und kidnapped die als Zuschauerin anwesende Industriellentochter Sarah (Giallo-Queen Suzy Kendall, Die Säge des Teufels), erschießt einen der Polizisten, stielt ein Auto und liefert sich daraufhin eine rasante Verfolgungsjagd mit den Gesetzeshütern, bei der ordentlich das Gummi heiß läuft. Das Barry Newman und schnelle Autos eine exquisite Kombo sind, konnte man ja bereits unmittelbar zuvor in seiner ikonischen Rolle in Fluchtpunkt San Francisco (1971) feststellen, grundsätzlich hat das erste Drittel aber ganz starke Vibes von Sam Peckinpah (Getaway). Ein gebrochener Anti-Held, der sich (inzwischen) einen Dreck um Menschenleben schert und mit Vollgas in Verderben rast, inklusive einer so schönen wie toughen Frau an seiner Seite, wobei eine Romanze (zunächst) in ganz weiter Ferne scheint. Würde der Film in dem Flow weitermachen, immer her damit.
Aber das Ganze ist mehr oder weniger ein kleines Strohfeuer, denn nach einem mittelschweren Twist zu Beginn des Mittelteils entpuppt sich hier vieles als anders als gedacht. Das ist durchaus überraschend und tut dem generellen Unterhaltungswert keinen niederschmetternden Abbruch, es lässt sich aber leider attestieren, dass der Plot sich damit als extrem halsbrecherisch konstruiert herausstellt. Wer großen Wert auf Glaubwürdigkeit und Logik legt, könnte entnervt abwinken und diesbezüglich bleibt wirklich wenig Raum für Gegenargumente. Möglicherweise kann es die Romanvorlage etwas besser kaschieren, grundsätzlich ist die Plotentwicklung aber kompletter Humbug. Lässt man sich aber darauf ein, dann ist Angst ist der Schlüssel immer noch gute Unterhaltung, keine Frage. Das liegt zu einem nicht geringen Anteil an der guten Inszenierung von Michael Tuchner und einem sehr guten Cast, der auch ohne große Stars (zum damaligen Zeitpunkt) absolut zu überzeugen weiß. Das enorme Tempo und die furiose Action des Anfangsdrittels wird aber zu keiner Zeit mehr erreicht und auch das wirkt sich nun eher negativ aus, denn im Grunde hat man nun einen ganz anderen Film, als den, mit dem man erst erfolgreich angefüttert wurde.
Es schleichen sich hier und da auch ein paar Längen ein, wobei das auch noch sportlich betrachtet werden kann. Das Interesse am weiteren Verlauf reißt bei Angst ist der Schlüssel aufgrund der kompetenten Inszenierung und des vertrackten Plots nie wirklich ab, das Narrativ wirkt eben nur nicht optimal, spezielle gemessen an den potenziellen Möglichkeiten. Könnte aber auch so ein Problem der Adaption von Buch auf die Leinwand sein, gefühlt „ließt“ sich das durchgehend noch packender und ist dann vermutlich weniger störend. Ein großes und schlussendlich auch für den insgesamt doch positiven Gesamteindruck ausschlagendes Plus ist das – buchstäblich - atemlose Finale, das durch seine Intensität wieder an die Qualität des ersten Drittels anschließen kann. Das versöhnt und eine bemerkenswerte Kür hat schon so manch holperige Pflicht abgemildert.
Fazit
Durchgehend sehr unterhaltsames und handwerklich astreines Genre-Kino, welches speziell an Anfang und Ende richtig die Muskeln spielen lässt. Der haarsträubend konstruierte Plot und die Schwankungen in Intensität, Ausrichtung und Tempo sind ein deutlicher Makel, insgesamt wäre vor allem Konstanz (statt Angst) der Schlüssel zum unbestreitbaren Erfolg. Trotzdem ein immer noch sehenswerter Film, wenn natürlich auch nicht von zwingender Relevanz.
Kritik: Jacko Kunze
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